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"Ihr Sohn wird ja später mal viel Geld verdienen. Wäre doch schön, wenn wir das zusammen tun könnten."

Mit diesem umwerfenden Argument wurde neulich meine Freundin in Berlin konfrontiert. Eine Sport-Agentur warb damit um die Gunst der Eltern eines 15-jährigen Nachwuchsfussballers. Wenigstens wurde hier klar und deutlich ausgesprochen, worum es in jeder Verhandlung geht: den beiderseitigen Nutzen. Vertragsabschlüsse, die nicht einen Gewinn für beide Seiten beinhalten, stehen auf einer wackligen Basis. Bei nächster Gelegenheit wird man eine andere Lösung suchen. Auch wenn bei Verhandlungen mit Druck und unfairen Methoden gearbeitet wird, bringt dies nur kurzfristigen Erfolg. Solche Methoden eignen sich nur für Firmen, die keinen Wert auf langfristige Kundenbeziehungen und Seriosität legen.

Dabei ist Verhandeln an sich eine Tätigkeit, die wir tagtäglich ausüben: im Beruf beim Kontakt mit Geschäftspartnern, in der Familie bei der Diskussion des nächsten Ferienziels, im Alltag beim Einkaufen. Nicht immer wenden wir dabei das an, was als Win-Win-Prinzip im so genannten Harvard-Verhandlungsmodell beschrieben ist. Oft beharren beide Parteien auf ihren Standpunkten (Positionen) statt die übergeordneten Interessen, die beide haben, zu erkunden.

Nehmen wir ein Beispiel aus dem Alltag. Petra Berger hat sich im März in einem Badener Modegeschäft, das sie öfters besucht, eingekleidet und unter anderem eine modische lange Strickjacke erstanden. Mit allen Sachen ist sie überaus zufrieden, nur die Jacke hängt ungetragen im Schrank - auch nach zwei Monaten noch. Sie fühlt sich einfach nicht wohl damit. Die Etiketten sind noch an der Jacke und Petra beschliesst, noch einmal in das Geschäft zu gehen und der Verkäuferin von ihrer Erfahrung zu berichten, wissend, dass sie nach zwei Monaten natürlich keinerlei Anspruch auf Umtausch hat. Die Verkäuferin hatte sie bis dahin immer sehr individuell, kompetent und ehrlich beraten, deshalb war es Petra wichtig, dass die Verkäuferin nachvollziehen konnte, dass die Jacke sich für sie als Fehlkauf erwiesen hat. Und so schilderte sie dann im Laden ihr Unwohlsein mit der Jacke. Die Verkäuferin hörte ihr aufmerksam zu, nahm die Jacke und sagte: "Ja, das macht keinen Sinn, dass die Jacke weiter bei Ihnen im Schrank hängt. Wir nehmen sie zurück. Das mache ich nicht für jede Kundin, aber für eine nette Kundin wie Sie mache ich das." Petra war überwältigt und fühlte sich anerkannt und verstanden. Und natürlich ist das Modegeschäft für sie nun die Adresse, die sie immer zuerst ansteuert. Dieser erfolgreiche Verlauf der Verhandlung darüber, was mit der Jacke zwei Monate nach dem Kauf passiert, ist darauf zurückzuführen, dass beide Parteien nicht über Positionen diskutiert haben. Petras Position wäre "Die Jacke war ein Fehlkauf. Ich möchte mein Geld zurück." und die Position des Modegeschäfts wäre "Nach zwei Monaten können wir kein Kleidungsstück mehr umtauschen. Das steht auch auf Ihrem Kassenbon." Stattdessen haben aber beide ihre Interessen deutlich gemacht: Petra ihr Interesse, weiterhin eine Adresse zu haben, wo sie optimal beraten wird, und die Verkäuferin, sich langfristig das Vertrauen der Kundin zu sichern, indem sie zeigt, dass es ihr wirklich darum geht, eine nachhaltige Lösung für die Kundin zu finden - und nicht darum, ihr einfach etwas zu verkaufen.

© Gunhild Hinkelmann, fair communication, Wettingen

 
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