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Eigentlich sollte es doch ganz einfach sein, anderen Menschen etwas Positives zu sagen. Doch was ist schon eindeutig positiv? Und wie empfindet es der Empfänger oder die Empfängerin der Botschaft, wenn ich sein bzw. ihr Outfit positiv hervorhebe? Und was, wenn ich nichts sage? Ist das auch eine Botschaft? Wirkt es zweideutig, wenn ein Kollege am Arbeitsplatz einer Kollegin ein Kompliment macht?

So viele Fragen, die sich um das scheinbar einfache Thema Komplimente ranken. Ich habe die Problematik gerade am eigenen Leib bzw. an den eigenen Haaren erfahren. Denn mein Coiffeur, dessen versiertem Blick ich blind vertraue, hatte mir unlängst einen "stylischen Bob" verpasst. Meine Haare sind nun also unübersehbar deutlich kürzer. Umso erstaunter war ich, dass es an meinem Arbeitsplatz an der FH kaum Reaktionen gab. Dass meine Studierenden sich dazu nicht äussern, ist klar. Aber auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen blieben die Reaktionen aus. Weder "Du hast die Haare schön" noch "Na ja, wächst ja wieder". Im Watzlawickschen Sinne von "Man kann nicht nicht kommunizieren" interpretierte ich diese Nicht-Äusserungen so, dass das Styling wohl nicht so gut ankam, man das Thema aber lieber nicht ansprechen wollte und deshalb diskret darüber hinwegging. Denn als ich vor einigen Jahren auf Betreiben selbigen Coiffeurs mal von einem geradem Bob auf lange, locker geföhnte Haare gewechselt hatte, wurde dies überaus positiv kommentiert.

Nach einigen Tagen traf ich dann im Büro meine englische Kollegin, die sich sofort positiv zu meiner neuen Frisur äusserte, sowie meine deutsche Freundin, die sich ebenfalls sehr positiv äusserte. Und die mir auch ehrlich sagen würde, wenn ihr die Frisur nicht gefiele. Besonders interessant fand ich die einzige Reaktion aus dem "männlichen Lager". Mein Kollege im Fach Kommunikation sagte: "Gell, du warst beim Coiffeur?". Hier erkennt man den Kommunikationsprofi. Er wusste, dass Nicht-Kommunizieren eben auch eine Kommunikation wäre und thematisierte die Tatsache, dass er die Veränderung wahrgenommen hatte, quasi als Aktives Zuhören, überliess jedoch mir die Entscheidung, ob ich dazu Feedback wünschte.

Kommen wir nach diesem haarigen Exkurs zum Kern der Sache: Das Äussere anderer Personen zu kommentieren, ist schwierig. Besonders Männer halten sich da gegenüber Frauen gerne zurück. Mit gutem Grund, denn "Mann" bewegt sich auf dünnem Eis. Sagt man etwas Negatives, belastet dies zweifellos die Beziehungsebene. Sagt man etwas Positives, könnte es als anbiedernd oder, angeheizt durch die gerade aufgeloderte Sexismus-Debatte, als Anmache empfunden werden. Auf der Frau-Frau-Ebene ist die Sache unverfänglicher. Trotzdem wird man sich nur äussern, wenn es positiv ist. Doch halt: Selbst damit kann man ins Fettnäpfchen treten. Komplimente wie "Wow, du hast aber abgenommen" können durchaus auch als "Du warst vorher aber dick" gehört werden. Wenn man sich gut kennt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Kompliment gut ankommt. Komplimente bezüglich Abnehmens sollte man aber niemals gegenüber Personen äussern, die man nicht gut kennt. Das wäre viel zu persönlich und zudem weiss man nie, aus welchem Grund die andere Person abgenommen hat. Vielleicht war es etwas Unerfreuliches wie eine Krankheit.

Äusserst zweifelhaft in der Wirkung sind auch Komplimente, die auf dem Vergleich mit anderen - scheinbar attraktiven - Personen beruhen: "Sie erinnern mich an Helene Fischer." Das wird nicht jede Frau gerne hören. Und auch wenn Donald Trump von einer beängstigenden Zahl US-Amerikaner "geliked" wird, werden wohl die meisten Männer ein Kompliment á la "Sie wirken sehr charismatisch, wie Donald Trump" eher als Affront auffassen.

Und wie ist es mit einem Kompliment zum Outfit: "Dieses Blau steht Ihnen super" oder "Ihr Parfum riecht aber fein"? Hier kommt es wieder auf die Beziehungsebene an. Wenn man sich gut kennt, geht es. Wenn nicht, lassen Sie es. Ganz peinlich wirken solche Pseudo-Komplimente wie "Sie haben aber eine schöne Uhr" oder "Ihr Parfum riecht aber gut" aus dem Munde von Leuten, die einem etwas verkaufen wollen. Denn der Trick mit der Subjekt-Objekt-Kopplung ist ja mehr als bekannt.

Fazit: Ehrlich gemeinte Komplimente bzw. Lob bereichern die Kommunikation. Es wirkt wertschätzend, wenn man z.B. dem Servicepersonal sagt, dass man das Essen sehr genossen hat oder einem Gesprächspartner bei einem Event sagt, dass man die spontane Unterhaltung sehr geschätzt hat. Komplimente zu Outfit und Aussehen sollte man jedoch nur gegenüber Personen äussern, die man gut kennt.

Und Komplimente können ja auch durchaus eine Aufhellung im nebligen November sein.

In diesem Sinne: Erhellende Novembertage wünscht

Ihre Gunhild Hinkelmann




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