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Wann haben Sie zuletzt Ihren Fuss in die Notaufnahme eines Krankenhauses gesetzt? Da mein Mann sich in den Ferien den Arm gebrochen hat, war ich unlängst leider dazu gezwungen. Kommunikativ eine unschöne Erfahrung.

Das Schicksal, ein Spital aufsuchen zu müssen, ereilte uns zum Glück nicht in einem Land, wo einem Sprache und Sitten fremd sind, sondern im zivilisierten Südtirol - in Meran, wo man sowieso Deutsch spricht. Vermutlich ist Sonntagnachmittag ein besonders ungünstiger Termin, da am Wochenende alle ihren Hobbies frönen und dann mit Zerrungen, Bänderrissen und anderen Blessuren die Notfallstation frequentieren und das arme Personal in Stress versetzen. Entsprechend übelgelaunt war die "Stationsmanagerin", ein echter Drachen mit kurzen grauen Haaren, deren Aufgabe es war, die ankommenden Patienten irgendwie auf die Wartezimmer zu verteilen und Nummern auszugeben. Da wurden Leute im Krankenbett oder im Rollstuhl in den Gängen herumgeschoben, abgestellt und ohne weitere Information ihrem Schicksal überlassen. Da es kaum Stühle gab, mussten die meisten stehen. Mein Mann sass mit seinem gebrochenen Arm und einem Eisbeutel im Rollstuhl und wir harrten der Dinge, die da kommen. Irgendwann holte eine Angestellte ihn zum Röntgen und schob ihn dann kommentarlos wieder in Gang. Nach längerer Wartezeit wagte ich es, eine der ständig vorbeilaufenden Damen in Weiss oder Blau, die konsequent jeglichen Blickkontakt vermieden, zu fragen, wie es denn nun wohl weitergehe. "Sie werden dann aufgerufen", war die knappe Antwort. Eine halbe Stunde später rollte der Drachen wieder ein Krankenbett mit einem älteren Mann in den Gang, stellte ihn ab und meinte: "So, drei Stunden, darunter machen wir es nicht." Ich, mühsam meine Wut unterdrückend, ging auf sie zu und fragte, ob sie das ernst meine und wann es denn nun weitergehe mit meinem Mann. "Wenn Sie schon beim Röntgen waren, geht es meist weiter voran. Aber das kann man nicht sagen. Sie sehen ja, was hier los ist. Vielleicht gehe ich eher nach Hause, als Sie hier fertig sind.", so ihr überaus empathischer und informativer Kommentar. Nach zwei Stunden hatte mein Mann dann seinen Unterarm in Gips und wir konnten diesen unwirtlichen Ort endlich verlassen. Wir bekamen ein Rezept und sollten noch in der diensthabenden Apotheke Schmerzmittel besorgen. Welches die Apotheke sei, erführen wir bei der Sekretärin. Als ich den Drachen danach fragte, war ihre hilfreiche Antwort: "Draussen ist ein Bildschirm, da steht die Adresse." Am Ausgang war tatsächlich ein Bildschirm mit drei wechselnden Anzeigen, nach zwei Durchläufen konnte ich mir die Adresse der Apotheke merken. Es hätte den Drachen jedoch nicht mehr Zeit gekostet, mir statt ihrer zickigen Antwort einfach den Namen der Apotheke zu sagen. Und die Arbeit wird nicht angenehmer, wenn man unfreundlich ist. Im Gegenteil. Wenn man unfreundlich ist, wird man wohl kaum auf Sympathie und Dankbarkeit stossen, sondern auf ein genervtes Gegenüber. Die unfreundliche Kommunikation schaukelt sich auf - ein Teufelskreis.

In Situationen, in denen man als erwachsener Mensch auf die Hilfe anderer angewiesen ist, wäre es besonders angenehm, mit Respekt und Empathie behandelt zu werden. Es ist nachvollziehbar, dass man warten muss. Aber Warten an sich ist kein Problem, wenn man über Abläufe orientiert und ernst genommen wird - statt Menschen einfach wie Nummern hin- und herzuschieben. Blickkontakt herstellen, ein Lächeln, ein aufmunterndes Wort - das wäre das Mindeste. Dem Drachen wünsche ich, dass sie selbst einmal die Situation aus der anderen Perspektive erlebt. Und Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, dass Sie so einem Drachen nie begegnen. Und wenn Sie doch mal in eine solche Situation geraten: Bleiben Sie freundlich, aber bestimmt, fragen Sie nach und fordern Sie Information.

Gesunde Septembertage wünscht

Ihre Gunhild Hinkelmann





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