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Womit verbindet man die Begriffe Fünfsternhotel und Fachgeschäft? Mit überdurchschnittlich gutem Service, Detailpflege und Fachkompetenz. Und insofern sollte das eine sichere Wahl sein. Eigentlich.

Doch die Realität belehrt einen immer wieder eines Besseren bzw. Schlechteren.

Beispiel Fünfsternhotel: Da wir jedes Jahr zum Luzern-Marathon fahren, hatte ich meinem Mann zum Geburtstag einen Gutschein für ein entsprechendes Hotel-Arrangement geschenkt. Obwohl ich ausdrücklich darum bat, den Gutschein an mich zu adressieren, war das Couvert mit dem Gutschein an meinen Mann adressiert, der es natürlich öffnete, weil ich nicht da war. Der Text auf dem Gutschein wies Rechtschreibfehler auf. Nach dem entsprechenden Feedback ans Hotel versprach man mir als Wiedergutmachung ein Upgrade und einen "unvergesslichen Aufenthalt". Als wir diesen Aufenthalt nun unlängst an- und das Zimmer betraten, lautete die Begrüssungsbotschaft auf dem TV-Bildschirm: "Hallo Frau Professor Hinke". Wie bitte? Das sehr legere "hallo" kontrastiert doch stark mit dem übertrieben formellen und in der Schweiz ungebräuchlichen "Frau Professor". Aber dann noch einen falschen Namen zu benutzen (ich heisse Gunhild Hinkelmann), ist für ein Hotel mit fünf Sternen auf dem Dach ein peinlicher Fauxpas. Man kann nicht nicht kommunizieren - und die Botschaft ist: Wir nehmen es mit den Details nicht so genau.

Wasserkocher oder Kaffeemaschine auf dem Zimmer? Fehlanzeige. Einen Wasserkocher gab es nur auf ausdrücklichen Wunsch (O-Ton der Rezeptionistin: "Wenn wir in jedes unserer Zimmer einen Wasserkocher stellen müssten … So viele haben wir gar nicht."). Geliefert wurde das Gerät dann mit nur einer Tasse, also wieder an der Rezeption anrufen. Am nächsten Tag wurden die Tassen vom Housekeeping weggeräumt, aber nicht ersetzt. Wieder anrufen. Undsoweiter. Alles kein Drama, alles "nur" Details. Aber was genau ist dann 5-Stern-Service? Die Tatsache, dass das Zimmermädchen meine auf der Ablage unter dem Spiegel aufgereihten Kosmetika abräumt und sorgfältig mit einem gefalteten Frotteewaschlappen als Unterlage neu ausrichtet? Auf diesen Service kann ich gut verzichten.

Als ich die Hoteldirektion nachher per Mail über die entsprechenden Punkte informierte, kam zwei Tage später ein Mail, in dem sich die Direktorin pauschal für meine "Wohlwohlenden Anmerkungen" (sic!) bedankte, ohne in irgendeiner Weise darauf einzugehen. Daneben noch ein paar Rechtschreibfehler.
"Besten Dank für Ihre Wohlwohlenden Anmerkungen, gerne schaue ich die Punkte mit meinem Team an, dass wir stetig verbessern können. Natürlich bin ich sehr froh, dass sie ihre Eindrücke mit uns teilen und wir dies zur Verbesserung aufnehmen können."
Vermutlich hat sie sich kaum die Zeit genommen, mein Mail genau zu lesen. Botschaft: Mit den Details nehmen wir es nicht so genau.

Beispiel Fachgeschäft: Generell finde ich es wichtig, Fachgeschäfte zu berücksichtigen, denn Beratung und Service sind ein Plus. Man hat es nicht mit dem anonymen Internet zu tun, sondern kann mit fachkundigen Menschen kommunizieren und ihnen Fragen zum Produkt stellen, erfährt neue Aspekte aus der Sicht der Fachperson. Dafür bin ich gerne bereit, einen Aufpreis zu zahlen. Doch immer wieder passiert dann Folgendes: Ich habe mich über die Produkte im Internet schlau gemacht und erwarte nun vom Fachpersonal entscheidungsrelevante und kompetente Hinweise zu den Unterschieden bei Qualität und Funktion. Wenn ich dazu detaillierte Fragen stelle, heisst es: "Da müsste ich mal in der Gebrauchsanleitung oder in der Beschreibung nachschauen." Ja, sorry, aber lesen kann ich selbst. Noch grotesker wird es, wenn mir die Beratungsperson den Text aus der Produktbeschreibung vorliest. Auch das erlebe ich immer wieder.

Schlussendlich kauft man dann das Produkt, das man schon durch eigene Recherche als das ermittelt hat, was den eigenen Bedürfnissen am besten entspricht. Das hätte ich einfacher haben können im Internet - und wahrscheinlich sogar zu einem besseren Preis. Spreche ich das Thema einmal im Geschäft an, heisst es: "Wir haben zu wenig Fachpersonal, es ist zu teuer. Wir müssen auch mit Aushilfen arbeiten." Steht da nicht oft Personal an den Regalen herum, ohne sichtbare Beschäftigung, auf Kundschaft wartend? Wie wäre es, wenn sie die Zeit nutzten, um die Bedienungsanleitungen und Produktbeschreibungen der Geräte vorgängig zu studieren?

Nach diesen Erfahrungen ist man geneigt, doch öfter mal online zu bestellen. Schade, denn eigentlich sollte es doch die Kommunikationssituation selbst sein, die bereichernd ist.

Statt auf Sterne von Hotels und Slogans von Dienstleistern zu vertrauen, sollte man sich besser einen Fundus von Unternehmen anlegen, bei denen man gute Erfahrungen mit kundenorientierter Kommunikation gemacht hat und diesen die Treue halten. Es gibt wunderbare Viersternhotels mit sehr persönlichem und individuellem Service. Und es gibt grosse und kleine Läden mit Personal, dem es offensichtlich Spass macht, Kundinnen und Kunden wirklich zu beraten - statt einfach das zu verkaufen, was im Regal steht.

Eine Alternative zum Hotel ist, sich eine 5-Stern-Ferienwohnung zu gönnen und den 5-Stern-Service selbst zu übernehmen. Schliesslich kennt keiner die eigenen Bedürfnisse so gut wie man selbst. Damit habe ich beste Erfahrungen gemacht.

Deshalb mein Tipp für graue Novembertage: Verwöhnen Sie sich selbst, indem Sie etwas Tolles kochen, sich Zeit nehmen zum Lesen und Träumen, Wellness daheim machen und ein entspannendes Bad geniessen und einfach das machen, wonach Ihnen zumute ist. Mehr 5-Stern geht nicht.

Ihre
Gunhild Hinkelmann




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