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Regeln im Umgang und in der Kommunikation geben Sicherheit und gehören zum souveränen Auftritt. Mindestens genau so souverän - und vor allem kreativ - kann es aber wirken, gängige Regeln zu brechen.



Wer sich im Bereich Kommunikation und Umgangsformen an bewährte Standards hält, kommt gut an und gestaltet das Miteinander in Beruf und Alltag angenehm. Doch manchmal entstehen angenehme Situationen gerade dadurch, dass man sich nicht an die Regeln hält. Vor allem bleiben sie im Gedächtnis. Kürzlich habe ich selbst zwei Beispiele erlebt.

1. Umgangsformen

Ich komme am Samstagmorgen in die Fachhochschule. Wir veranstalten einen Tag der offenen Tür und ich habe zwei Präsentationen vorbereitet. Als ich gerade damit beschäftigt bin, am Eingang meine Karte zu laden, spricht mich ein netter Mitarbeiter aus dem Facility Management an und erkundigt sich nach meiner Präsentation zum Thema moderne Umgangsformen. Just in diesem Moment kommt jemand von hinten auf mich zu und hält mich fest, so dass ich mich nicht umdrehen kann. "Wer bin ich?", fragt er. Ich habe keine Ahnung und sage: "Ein wohl riechender junger Mann". Er lacht und gibt sich zu erkennen. Es ist ein geschätzter Freund und externer Kollege, der nur einmal im Jahr einen Kurs bei uns an der FH gibt. Wir lachen und er bedankt sich für das Kompliment mit dem jungen Mann, denn wir sind ungefähr gleich alt bzw. jung. Noch mehr lachen wir, als wir auf meine Präsentation zu sprechen kommen: Umgangsformen. "Da lernt man sicher, dass man keine Damen von hinten festhält", grinst er. Stimmt eigentlich. Und doch bleibt einem in der Tat eine solche Begegnung mehr im Gedächtnis, als wenn wir uns ganz "konventionell" nach den gängigen Regeln begrüsst hätten.


2. Kommunikation

Ich bin unterwegs nach Bremen, da eine liebe Freundin ihren runden Geburtstag feiert. Leicht gestresst, denn es gibt nur Umsteigeverbindungen über München (der Flieger von Zürich voll mit Leuten in Dirndl und Lederhosen). Die knappe Umsteigzeit in MUC geht damit drauf, dass man nach einer schier nicht enden wollenden Rollphase an einer Aussenposition ankommt, im Bus von der Aussenposition zum Terminal gekarrt wird, um von dort zum betreffenden Gate zu hetzen, in einen weiteren Bus zu steigen, der einen wieder den ganzen Weg zurück zu einer ebensolchen Aussenposition fährt. Zum Glück hat es geklappt und ich sitze im Flieger. Der Kapitän meldet sich aus dem Cockpit und begrüsst die Fluggäste: "Ja, ein herzliches Moin Moin aus dem Cockpit und willkommen auf der Direktverbindung von München zum Neuenländer Feld. Wenn die Jungs da unten die letzten Gepäckstücke verstaut haben, schliessen wir die Heckklappe und dann heisst es auch schon Diesel an und Leinen los. Da wir hier auch nicht irgendwie zugeparkt im hintersten Winkel stehen, werden wir gleich startklar sein." Das Ganze sagt er natürlich im norddeutschen Dialekt und ich freue mich schon auf die versprochenen nächsten Ansagen.

Tatsächlich meldet sich der Kapitän dann wieder bei Fulda und klärt uns auf, dass wir über die A7 fliegen und so elegant den alltäglichen Stau dort unten umgehen. Kassel assoziiert er mit Loriot, Hannover mit einem nicht ausgelasteten Flughafen. "Wenn Sie mal die Chance haben, dorthin zu fliegen, machen Sie das. Die freuen sich, wenn Sie kommen."

Nicht nur die Fluggäste, auch das Kabinenpersonal schmunzelt ob der Ansagen. Und schliesslich bekommt der Kapitän tosenden Applaus, etwas, was ich auf einem innerdeutschen Lufthansa-Linienflug noch nie erlebt habe. Natürlich sind die Ansagen für die englischsprachigen Gäste deutlich kürzer, so dass diese sich gefragt haben werden, warum man in der deutschen Sprache so unendlich viele Worte braucht. Und selbstverständlich baut der Kapitän in seine Ansagen die notwendigen englischen Standard-Anweisungen für das Kabinenpersonal ein.

Kurz vor der Landung kommen dann noch mal Hinweise zum Hochhaus-Vorort Osterholz-Tenever, zum lokalen Friedhof und gleich daneben sei das Krankenhaus. Sein Auto warte schon am Flughafen, er habe jetzt dann Wochenende. Seine Tipps zum Wetter: "Wenn Sie heute noch Ihren Rasen mähen wollen, machen Sie das am besten gleich. Oder sonst nur, wenn Ihr Rasenmäher auch eine ordentliche Portion Wasser verträgt."

Ich habe mich selten so amüsiert auf einem Flug - und er wird mir im Gedächtnis bleiben.

Fazit: Standards zu kennen, ist nützlich und vermittelt allen Beteiligten das Gefühl von Sicherheit. Aber Standards sind auch nicht besonders kreativ. "Normales" vergessen wir schnell wieder, "Unnormales" behalten wir lange im Gedächtnis. Darum sollten wir immer wieder mal Regeln elegant und/oder charmant brechen. Ich habe mir dies für den Oktober vorgenommen: den Alltag bereichern - Regeln und Routinen durchbrechen.

Übrigens, das Motto der Geburtstagsfeier meiner Freundin war: "Auch der Herbst hat schöne Tage." Ein genialer Spruch. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Herbst.

Ihre
Gunhild Hinkelmann





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