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Immer wieder begegne ich im beruflichen Alltag Männern, die ihre Füsse auf den Tisch legen. Natürlich auch im privaten Alltag. Noch nie habe ich diese Haltung bei einer Frau beobachtet. Warum eigentlich?

Das nahm mich wirklich wunder, wie der Schweizer sagt. Da man bekanntlich Antworten auf jegliche Art von Fragen bei Google findet, schaute ich dort nach. Für den Suchbegriff "Füsse auf den Tisch legen" erhält man zahlreiche Tipps dazu, warum diese Haltung bei längerem Sitzen am Schreibtisch sogar gesund ist, um den Rücken zu entlasten. Daneben gibt es natürlich noch ein paar Links zu Foren, wo diskutiert wird, ob das anständig ist.

Ein Threat widmet sich tatsächlich der Frage, ob dies auch an Heiligabend zu tolerieren sei – und ob man sich dabei nicht mindestens die Schuhe auszuziehen habe. Auf welchen Tisch man die Füsse bei der Feier legt, bleibt dahingestellt und mit welchen Schuhen bzw. Socken man die Familie dabei beglückt ebenso. So richtig glücklich wird damit wohl niemand.

Ausserdem erscheinen Lieder wie „Sulang du deine Füsse unter meinen Tisch legst“ von einer Kölner Stimmungs-Band und der Text von „Füsse vom Tisch“ der Band „Die Ärzte“. Und Redensarten mit „Fuss“ und „Tisch“ aus dem Duden.

Wenn man bei den Bildern googlet, erhält man ein breites Spektrum von Füsse-auf-den-Tisch-Legern: an erster Stelle Fotos von Barack Obama und Männern, die wie typische Manager aussehen sollen. Die Botschaft ist wohl: "Ich arbeite hart, ich bin erfolgreich - und absolut entspannt dabei. Ich fürchte mich vor nichts und lasse mich nicht aus der Ruhe bringen. Und ich bin da in meinem Revier. Da mache ich, was ich will. Total cool."

Und Bilder von Frauen mit den Füssen auf dem Tisch? Da gibt es tatsächlich einige von Frauen im Büro, die wohl wie typische Managerinnen aussehen sollen. Nicht-Managerinnen mit den Füssen auf dem Tisch tragen rote Minijupes und High Heels. Wie kommt denn das?

Gibt man nun einfach um „Frauen + Füsse auf den Tisch“ ein, bekommt man eindeutig zweideutige Links zum Themen wie „Füsseln“ und warum Männer auf Frauenfüsse stehen aber nicht umgekehrt. Nichts von "gesund" oder "gut für den Rücken".

Doch die Frage, warum Männer so gerne diese Haltung einnehmen, bleibt bei Google unbeantwortet. Und es stimmt - noch nie habe ich so etwas bei einer Kollegin gesehen, nur bei meinen Kollegen. Wenn man Frauen dazu befragt, wie sie es finden, wenn Männer die Füsse auf den Tisch legen, antworten die meisten, dass sie das als übertriebene Lässigkeit oder aggressives Machogehabe empfinden. Sympathie erzeugt man bei Frauen also kaum mit einer solchen Haltung.

Männer in meinem Umfeld finden meistens, sie könnten so am besten nachdenken und sich entspannen. Dabei wie Barack Obama oder Bill Gates auszusehen, schadet wohl nicht. Und wer hat zuhause nicht ein Lieblingssofa, auf das man die Füsse legen kann – ohne Schuhe natürlich. Das kann ich bestens nachvollziehen. Aber im Büro, im öffentlichen Raum?

Die Fusskultur trennt aber nicht nur Frauen und Männer. Wer in Asien seinem Gegenüber die Füsse - mit oder ohne Schuhe zeigt, erregt Unmut. Da ist es eine Geste der Verachtung. Was Schuhe im Islam symbolisieren, zeigten Demonstranten vor nicht allzu langer Zeit in Ägypten - sie zeigten mit ausgezogenen Schuhen in der Hand den Machthabern, was sie von ihnen hielten.

Alles gute Gründe vielleicht doch einmal über eine alternative Entspannungs- und Nachdenkpose zu sinnieren. Denn Füsse - mit oder ohne Schuhe - kann man sehr wohl hervorragend zur Entspannung einsetzen - bei einem Spaziergang in der Mittagspause zum Beispiel.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen leichtfüssigen März - und schöne Grüsse an die Füsse!

Gunhild Hinkelmann




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