Sitemap  
    Mit guten Manieren und Stil auffallen und die Welt verändern. Im Februar S wie
Willkommen
Archiv / Tipps
Porträt
Rhetorik
Gewinnende Kommunikation
Moderne Umgangsformen
Coaching
Kontakt

 
 
Sexismus! Das Wort Sexismus war ein bisschen out, hat seit Rainer Brüderles Ausrutscher aber wieder Konjunktur. Wie verhalte ich mich kommunikativ korrekt und vermeide Sexismus? Eine an sich einfache Frage.

Doch wie genau definiert man Sexismus? Der Duden gibt folgende Antwort:
1. „ Vorstellung, nach der eines der beiden Geschlechter dem anderen von Natur aus überlegen sei, und die [daher für gerechtfertigt gehaltene] Diskriminierung, Unterdrückung, Zurücksetzung, Benachteiligung von Menschen, besonders der Frauen, aufgrund ihres Geschlechts
2. etwas, was auf Sexismus beruht, sexistische Verhaltensweise“

Wichtig an dieser Definition: es geht um die Diskriminierung beider Geschlechter. Auf Brüderles peinlichen Ausrutscher mit der generellen Herabwürdigung aller älteren Männer als „Lustgreise“ zu reagieren und dies mit der reinen Existenz all der Berlusconis und Strauss-Kahns dieser Welt zu rechtfertigen, ist also ebenso diskriminierend.

Sexismus ist häufig in der Werbung anzutreffen. Und darüber regt sich kaum jemand auf. Werbung muss halt auffallen. Sexistisch ist es, wenn Frauen in aufreizender Aufmachung dazu benutzt werden, bestimmte Objekte wie Autos zu bewerben oder wenn Produkte mit gängigen Klischees über Männer und Frauen in Verbindung gebracht werden: die ewig Schuhe shoppenden Ladies auf der einen Seite, die nach Freiheit und Abenteuer suchenden Männer auf der anderen Seite. Frauen, die technisch unterbelichtet sind und Männer, die es zwar dank der neuen Waschpulverdosiertabs theoretisch schaffen würden, Wäsche zu waschen, aber betonen, dass sie dies natürlich praktisch nie tun würden. Werbung kann man zum Glück ausblenden, man kann wegschauen.

Wie geht man aber damit um, wenn man direkt mit Sexismus konfrontiert wird? Ganz klar: sich wehren, schlagfertig sein. Brüderle soll zu der Stern-Journalistin Himmelreich gesagt haben (und dabei in ihr Dekolletee geschaut haben): „Sie würden auch ein Dirndl ausfüllen.“ Da hätte Frau Himmelreich eiskalt lächelnd kontern können: „Ja, aber Sie wohl kaum eine Lederhose.“ Vermutlich wäre ihm dann die Lust vergangen. Und Hunde, die bellen, beissen ja bekanntlich nicht. Wie auch die Beispiele der Rapper Bushido und Sido zeigen. Deren Texte sind nicht nur extrem frauenfeindlich, Bushido hat ausserdem ein Problem mit Homosexuellen und Juden und der Einhaltung von Gesetzen. Trotz allem hat man ihm jedoch 2011 den Integrations-Bambi verliehen. Sex sells also, in jedem Fall schafft man es mit ein paar frauenfeindlichen Sprüchen immer, die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen. Vielleicht sollten wir da ansetzen, und hirnlose sexistische Sprüche als Selbstaussage über das erbärmlich hinterwäldlerische Welt- und Frauenbild der „Kommunikatoren“ schlichtweg überhören und ignorieren. Das könnte die andere Strategie sein. Entweder Wind von vorn geben und kontern (statt petzen und jammern) oder überhören, ignorieren – und damit den Wind aus den Segeln nehmen.

Ich erinnere mich noch gut an ein Seminar vor vielen vielen Jahren bei einer Schweizer Grossbank. Ich hatte dieses Seminar zusammen mit einem internen Trainer-Kollegen der Bank gegeben. Beim Abschlussfeedback sagte ein – zugegeben älterer - Herr aus dem Teilnehmerkreis: „Dass Herr X tolle Seminare macht, wussten wir schon lange. Aber dass er jetzt noch so ein Zückerli dabei hat, ist wirklich super.“ Was will man dazu sagen? Mein Kollege schnappte entrüstet nach Luft. Ich habe nichts gesagt, freundlich gelächelt und für mich gedacht: „Dieser Mann hat ein sehr überkommenes Frauenbild. Die Chance, es durch irgendwelche Kontersprüche jetzt zu ändern, ist gering. Also spare ich mir die Mühe.“

Diese innere Erhabenheit klappt natürlich nicht immer. Ganz anders liegt der Fall, wenn Menschen, egal ob Männer oder Frauen, die Grenze der persönlichen Integrität verbal und/oder nonverbal überschreiten. Da helfen nur die allerbösesten Blicke und die allervernichtendsten Sprüche.

Ein Beispiel: Neulich erzählten mir Service-Mitarbeiterinnen, dass Männer sie im Vorbeigehen begrapschen und ihnen auf den Po hauen. Und das nicht etwa in einer rauchigen Kaschemme, sondern in einem stilvollen und familienfreundlichen Schweizer Viersternhotel. Die Bardame eines St. Moritzer Nobelhotels muss sich ständig anzügliche Bemerkungen der Gäste anhören. Da hört es auf. Wenn ein Gast sich wie Schwein benimmt, dann muss man ihn nicht wie einen König behandeln. Sondern mit fester Stimme und kühlem Blick erklären: „Wenn Sie möchten, dass ich Sie weiterbediene, dann lassen Sie das bitte.“ Und den Vorgesetzten informieren. Basta! Oder allenfalls sagen:
„Sie haben Ihre Hände nicht unter Kontrolle. Das könnte mir auch passieren, wenn ich Ihnen den Teller mit der heissen Suppe serviere.“

Hüten sollte man sich auch vor euphemistischer Verklärung. Das Wort „Herrenwitz“ beschönigt und verharmlost. Genauso wie das schreckliche Wort Ehrenmord, das dem Verbrechen ein hehres Motiv unterstellt.

Was man bei all dem Diskutieren über Sexismus jedoch nicht vergessen darf: Es geht hier um Einzelfälle. Und die sollten Männer und Frauen nicht daran hindern, respektvoll und charmant miteinander umzugehen.


Ihre Gunhild Hinkelmann





Zurück