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    Mit guten Manieren und Stil auffallen und die Welt verändern. Im Januar R wie
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Ruhe! Die Zeit der weihnachtlichen Besinnung und Musse liegt zwar hinter uns, aber auch im neuen Jahr wird das Thema R wie Ruhe akut sein. Denn immer weniger Menschen wissen, wie sie sich im öffentlichen Raum verhalten sollten. Das hängt leider mit R wie Rücksichtslosigkeit zusammen.

Dass wir fünf Sinne haben, um die Welt wahrzunehmen, ist grundsätzlich ein Vorteil. Manchmal allerdings auch ein Nachteil. Denn man kann zwar wegsehen, aber schlecht weghören, wegschmecken, wegriechen und wegfühlen. Natürlich ist die Sensibilität bei den Wahrnehmungsorganen individuell unterschiedlich ausgeprägt. Mir persönlich macht besonders das Ignorieren von olfaktorischen und auditiven Wahrnehmungen zu schaffen. Erst neulich passierte es mir, dass ich mich zu einem ruhigen Urlaub mit mir selbst in einem Wellnesshotel aufhielt und zwei einzelne Kleinkinder mit ihren Grosseltern und ihrer Mutter dafür sorgten, dass bei jeder Mahlzeit der komplette Speisesaal in ihre hochtrabende Konversation involviert wurde. Das ging dann so. Morgens beim Frühstück:
Grosi: Diego, du schmöckst.
Diego: Diego schmöckt.
Grosi (nimmt Diego und riecht an seinem Po): Diego, hesch Kacki?
Diego: Diego het Kacki.
Grosi: Diego schmöckt. Diego het Kacki.

Leider sass ich auch so, dass ich frontal auf die nette kleine Familie blickte. Wie gesagt, wegsehen geht. Aber weghören nicht. Das änderte sich auch nicht, als meinem Wunsch nach Versetzung problemlos nachgekommen wurde. Doch selbst in der hintersten Ecke des Restaurants konnte bzw. musste man jedes Wort verstehen, das Diego, Carlo und vor allem Mami und Grosi von sich gaben. Es gab kein Entrinnen. Schlenderte man morgens noch leicht in sich gekehrt im Alpha-Zustand am herrlichen Bio-Buffet entlang, hörte man die zarte Stimme des kleines Diego „Salami“ sagen, gefolgt vom aufgedrehten Echo der treusorgenden Mutter: „Diego, wotscht e Salaaaaami?“ Offensichtlich hatte die Dame mit der durchdringenden Stimme schon mal einen Kurs in aktivem Zuhören besucht und sich diese Technik im Umgang mit ihren Kindern als permanentes Instrument angeeignet. Das Schöne an der ganzen Sache war, dass man darüber mit anderen Gästen ins Gespräch kam. Immer mehr Gäste folgten meinem Beispiel und liessen sich „versetzen“. Auch die, die am Anfang noch tapfer behauptet hatten, sie könnten das einfach ausblenden.

Sie werden jetzt denken, ich sei eine penetrante Kinderhasserin oder frustrierte Single-Frau ohne Familie. Keinesfalls. Das Problem waren auch nicht die Kinder, sondern deren Anhang. Ich bin heute natürlich fein raus, denn mein Sohn ist inzwischen 18. Aber als er klein war, wären wir niemals auf die Idee gekommen, in öffentlichen Räumen unsere Unterhaltungen fünfmal so laut zu führen, als wenn wir allein sind, damit alle an unserem Familienglück teilhaben könnten. Gerade diese Beobachtung macht man heute jedoch immer öfter. Sei es im Hotel, im Restaurant, im Zug oder im Supermarkt. Überall meinen Menschen, andere in ihre persönlichen Dinge involvieren zu müssen. Nicht unbedingt ein Gewinn für die Allgemeinheit. Und so wundert es keinen, dass immer mehr Gestresste die totale Ruhe auf einsamen Inseln und in Schweigeseminaren in Klostern suchen.

Ruhe ist auch das Gegenteil von Unruhe. Das hat mit Schweigen oder der akustischen Ruhe nur bedingt zu tun. Gerade im Gespräch soll sich Ruhe einstellen, auch wenn sich mehrere Personen engagiert unterhalten. Man muss Sachen aussprechen können, die einen beschäftigen. Nur so klären sich Meinungen, Vorteile und Nachteile. Das trifft zum Beispiel zu, wenn es sich um die Klärung von Urlaubsplänen handelt. Diesbezüglich herrschen oft nur vage, gefühlsbestimmte Vorstellungen. Dazu kommen heimliche Idealvorstellungen, die Hoffnung auf Erfüllung von hochgesteckten Zielen und paradiesische Zustände jenseits aller Realität.

Sobald man aber konkrete Möglichkeiten diskutiert - und nicht nur darüber nachdenkt - klären sich die Gedanken im Dialog. Der kann auch mal laut ausfallen, was die innere Ruhe kaum stört, denn es gilt, Stellung zu beziehen, auch gegenüber sich selbst. Die Wortung der Gefühle führt meist zur „vernünftigen“ Entscheidung.

Wenn man ehrlich ist, gibt es die totale Ruhe sowieso nicht. Kaum fehlt aller akustische Input ausser Waldesrauschen und Wind, stellt sich der innere Dialog mit sich selbst oder mit der Welt im Kopf ein. Wir können nun mal nicht nicht denken, nicht nicht kommunizieren, auch nicht mit uns selbst. Wenn man Ruhe als Gespräch mit sich selbst - das kann auch akustisch sein - definiert, kommt man der Realität schon näher. Ruhe kann also ein guter Begleiter sein, um seinen eigenen Gedanken nachzuhängen, tagzuträumen. Und Ruhe kann auch eine wichtige Voraussetzung sein, um sich Zeit zum Gedankenaustausch mit anderen zu nehmen.


Mein Tipp für den Monat Januar: Gönnen Sie sich jeden Tag Momente der Ruhe und nutzen Sie diese Momente für die Zwiesprache mit sich selbst. Gerade zu Beginn des neuen Jahres lohnt es sich, mit unseren verborgenen Wünschen und Fähigkeiten in Kontakt zu kommen. Nutzen Sie ruhige Momente auch, um mit vertrauten Menschen über Ihre Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Denn im Austausch mit einem Gegenüber, das nicht nur zuhört, sondern auch kritische Fragen stellt, kann man seine Pläne und Ziele weiterentwickeln.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ruhiges und traumhaftes 2013

Ihre Gunhild Hinkelmann


P.S.: Ach, und von wegen Ruhe im Hotel. Meine persönliche Lösung ist, dass wir in den Skiferien im Februar in ein Hotel für Erwachsene fahren. Ob es in diesem Diego-Grosi-Mami-freien Raum tatsächlich ruhiger war, erzähle ich Ihnen dann im Februar.





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