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    Mit guten Manieren die Welt verbessern - und positiv auffallen. Im Juni K wie "Krisenkommunikation"
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Euro-Krise, Schulden-Krise, Bayern-Drama, Facebook-Aktien-Flop: alle reden von Krise. Ich auch. Denn manchmal kriege ich die Krise, z.B. wenn ich so etwas Schreckliches höre wie „Ich krieg einen Rotwein.“ Da hätte auch Knigge die Krise gekriegt. Deshalb möchte ich im Juni die einfache Frage aufwerfen:
Was geht kniggemässig in Sachen Kommunikation gar nicht?


Hier meine einfache Antwort: In diesen Situationen kriege ich die Krise!

- Bei der Bestellung im Lokal sagen „Ich kriege …“ Das klingt einfach plump und prollig. Warum nicht „Ich hätte gern ….“?
- Als Servicekraft so etwas sagen wie: „Wer war noch das Wiener Schnitzel“ oder „Wer ist die Laktoseallergie?“ Das klingt einfach absurd. Ausserdem sollte Servicepersonal darauf verzichten, Personen mit Allergien o.Ä. öffentlich „auszurufen“. Denn man möchte ja wohl kaum das Thema gesundheitliche Wehwehchen und Eigenheiten zum Tischgespräch machen.
- Apropos öffentlich ausrufen: Es sollte doch eigentlich für kultivierte Menschen in zivilisierten Gegenden klar sein, dass man private Gespräche am Handy nicht in der Öffentlichkeit führt. Trotzdem muss man genau das immer wieder zwangsweise miterleben, vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln und Restaurants. Ungewollt wird man so Zeuge oder Zeugin von intimsten Dingen: Krankheiten, Beziehungsknatsch oder Banalitäten wie „Ich sitze gerade im Zug.“ Wow! Fehlt bloss noch, dass man jeweils die „Gefällt mir“-Button drücken kann. Auch businessmässig daherkommende Menschen sind sich nicht zu schade, ihren Status mit scheinbar wichtigen Gesprächen über Vertragsabschlüsse betonen zu wollen. Sorry, aber wenn die Gespräche wirklich so wichtig wären, würde man nicht die Öffentlichkeit daran teilhaben lassen.
In Zügen stösst man zudem häufig auf Permanent-Telefonierer. Schafft es der adulte Durchschnittseuropäer nicht mehr, eine halbe Stunde einfach mal da zu sitzen und seinen Gedanken nachzuhängen, ohne zu surfen oder zu quasseln? Nein, man muss allen zeigen, wie ungeheuer connected man ist. Stille scheint inzwischen regelrecht bedrohlich zu wirken. Dabei würde vielen Menschen ein Moment der Ruhe und des Nachdenkens ausgesprochen guttun. Zum Beispiel darüber, wer oder was ihnen wichtig ist im Leben. Kommunikation gehört sicher zu diesen Dingen. Kommunizieren kann man jedoch auch mit sich selbst. Und dazu muss man nicht erst in einen Meditationskurs oder ins Kloster gehen.
- Ein weiteres No-Go: sein Smartphone demonstrativ auf den Tisch legen, wenn man im Restaurant ist. Wagen Sie es, mal nicht erreichbar zu sein. Das wirkt äusserst souverän und zeigt Ihre Unabhängigkeit.
- Der blanke Horror ist es, sich mit jemandem zu unterhalten, der dabei ständig auf sein Smartphone guckt oder SMS beantwortet. Multitasking ist sowieso eine Illusion. Schenken Sie doch Ihre Aufmerksamkeit dem Menschen, der bei Ihnen ist. Und nicht den Dingen, die nur virtuell da sind.
- Und von wegen Aufmerksamkeit schenken: Ich kriege die Krise, wenn Verkaufspersonal sich ablenken lässt und ausgerechnet in dem Moment, wo man an der Kasse ist und zahlen will, von einer Kollegin (bewusste Benutzung der weiblichen Form) nach irgendeiner Banalität („Sind die Gewürzgurken noch in der Aktion?“ oder „Wann gehst du eigentlich in die Pause?“) gefragt wird, mittendrin, während sie gerade damit beschäftigt ist, mich zu bedienen. Resultat: Sie hält inne in dem, was sie gerade tut (wie gesagt, Multitasking ist eine Illusion), und führt erst einmal die Parallelunterhaltung mit der Kollegin, während man selbst wie blöde vor der Kasse oder vorm Tresen steht und wartet, dass es weitergeht. Das Schwierige: Wie reagieren? Ich finde es legitim, in solchen Momenten zu sagen: „Würden Sie bitte zunächst mal hier diesen Vorgang fertig machen?“
Dafür nehme ich gerne in Kauf, dass die Dame in dem Moment denkt: „Du arrogante deutsche Ziege.“ Dann soll sie doch die Krise kriegen – aber nicht ich!



In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen krisenfreien Juni
Ihre

Gunhild Hinkelmann




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