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    Mit guten Manieren die Welt verbessern – und positiv auffallen! F wie ..
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Auch wenn andere sich schlecht benehmen: Mit Contenance und stilvollem Auftreten fallen Sie umso mehr auf. Und tragen aktiv dazu bei, dass die Welt ein bisschen besser wird. Hierzu jeden Monat praktische Tipps von Anrede bis Zuhören. Im Januar F wie Fragen und Fettnäpfchen, denn die stehen momentan auf der Medienagenda ganz oben.

Die ganze Medienberichterstattung dreht sich momentan um Fettnäpfchen, in die ranghohe Personen mit Vorbildfunktion getappt sind. Das wirft viele Fragen auf, unbequeme nämlich. Der Präsident der Schweizer Nationalbank muss sich Fragen zu den Dollar-Geschäften seiner Frau gefallen lassen. Und der deutsche Bundespräsident ist inzwischen gar mit 400 lästigen Fragen konfrontiert. Selbst über die Finanzierung des Brautkleids seiner Frau soll er nun Auskunft geben, wie er im TV-Interview mit dem Unterton leichter Entrüstung feststellt. Es ist schon bedenklich, mit welcher Verbissenheit die Medien ihrer Kritik- und Kontrollfunktion nachkommen, statt Präsidenten doch einfach mal unbehelligt ihre Privilegien geniessen zu lassen.

In Anbetracht von VIPs, die mit Fettnäpfchen im Bereich von 500 000 Euro oder Dollar jonglieren, spanischen Königsschwiegersöhnen, die Geld aus einer Stiftung abzocken und deutschen Ex-Verteidigungsministern, die ihre Diss ein bisschen türken, kommt es einem extrem kleinlich vor, wenn man Normalbürgerinnen und –bürger mit erhobenem Zeigefinger auf Banalitäten wie die korrekte Haltung bei Tisch oder die optimale Hosenlänge hinweist. Darauf möchte ich an dieser Stelle auch verzichten. Denn gerade die Weihnachts- und Silvestertage habe ich mit lieben Menschen verbracht, deren Essmanieren vielleicht nicht über alle Zweifel erhaben sind, die aber dafür sehr authentische und ehrliche Menschen mit einem grossen Herzen sind.

OK, ich gebe zu, es läuft mir kalt über den Rücken, wenn Gäste in einem gehobenen Luzerner Hotel zum stilvollen Neujahrsdinner in lumpigen Jeans mit weissen Malerflecken erscheinen (vermutlich Designerklamotten, für die sie viel Geld bezahlt haben) und dann auch noch ihre Jacken über die Stuhllehnen hängen, obwohl gute Geister einem in perfekter Organisation die Garderobe vor Betreten des festlichen Art Deco Saales abnehmen. Ich finde es schade, wenn dann vier Personen am Tisch sitzen und einfach jeder anfängt zu essen, ohne sich mal anzuschauen und auf die anderen zu warten, die gerade noch schnell eine SMS schreiben. Aber diese Fettnäpfchen sind doch Peanuts im Vergleich zu dem Fettnäpfchen, als Bundespräsident nicht zu wissen, was Presse- und Medienfreiheit bedeutet, Gratis-Ferien in den Villen reicher Industrieller als Übernachtung im Gästezimmer bei Freunden schönzureden und private Darlehen bei Freunden aufzunehmen. Für so etwas gibt es ja Banken. Schweizer Banken zum Beispiel. Bei Schweizer Banken werden keine lästigen Fragen gestellt. Hier kann man ganz sicher sein, dass alles äusserst diskret behandelt wird. In der Regel werden jedenfalls keine privaten Kontodaten per Screenshot und Smartphone an umtriebige Politiker weitergeleitet.

Was können wir zum Thema Umgang mit Fragen von den VIP-Fettnäpfchentretern lernen? Wie beantworten sie die unbequemen Fragen, die in den Medien aufgeworfen werden? In Phase 1 wird versucht, das Ganze auszusitzen und die Fragen zu ignorieren. In Phase 2 geht man zwar auf die Fragen ein, redet aber den Sachverhalt schön. Wenn das die von den Medien aufgehetzte Öffentlichkeit immer noch nicht zu besänftigen vermag, dann entschuldigt man sich halt artig, mit dem Hinweis darauf, dass man ja auch als Präsident, Minister, König etc. nur ein Mensch ist bzw. die Frau schuld. So kann man gleichzeitig noch seine Menschlichkeit und Volksnähe medial inszenieren bzw. zeigen, dass man eine moderne Ehe führt und seine Frau in keiner Weise bevormundet.

Im schlimmsten Fall hilft nur noch ein Canossa-Gang (die Körpersprache des Bundespräsidenten passte) vor die Päpste der öffentlich-rechtlichen TV-Öffentlichkeit, wo Wulff dann mit solch gescheiten Fragen konfrontiert wurde, wie der, warum er den Freunden für die Benutzung des Gästezimmers nicht 150 Euro bezahlt habe. Die Gegenfrage des Canossa-Gängers („Machen Sie das bei Ihren Freunden so?“) war ein überaus geschickter Schachzug, mit dem die ZDF-Journalistin Schausten offensichtlich nicht gerechnet hatte.

Besonders geschickt ist es auch, Fragen aufzuwerfen, um von der eigenen Person abzulenken. Das kann man vom SVP-Strategen Blocher lernen. Wenn die ganze Fragerei der linken Medienmeute zur intransparenten Rolle um die Basler Zeitung, den Flop Zuppiger und das enttäuschende Abschneiden der SVP bei den Wahlen zu nerven beginnt, schmeisst man ein paar Nebelpetarden, indem man andere als angebliche Spekulanten an den medialen Pranger stellt. Und schon ist man aus der Schusslinie. Vorerst jedenfalls, denn das kann auch leicht zum Bumerang werden.

Als Normalsterbliche/r hat man definitiv weniger Möglichkeiten, mit Fettnäpfchen umzugehen, aber auch erheblich weniger Gelegenheiten, in Fettnäpfchen zu treten. Und doch gibt es gerade beim Thema Fragen ein paar sehr gängige Fettnäpfchen, nämlich Fragen, die man besser nicht stellen sollte. Denn die neugierigen und kritischen Fragen, die Medien in den genannten Fällen stellen, haben bei Privatpersonen keine Berechtigung.

Fettnäpfchen Nr.1: neugierige Fragen

Man glaubt es nicht, aber es gibt Leute, die ihre unbändige Neugierde ohne jegliches Taktgefühl stillen. So erzählte mir neulich eine Bekannte, die gerade einen chirurgischen Eingriff am Handgelenk wegen eines Karpaltunnelsyndroms hatte und entsprechend die Handgelenke verbunden, sie sei auf der Arbeit von einer Kundin gefragt worden, ob sie einen Selbstmordversuch gemacht habe. Was wäre, wenn die gefragte Person dies bejaht hätte? Bevor man blöde Fragen stellt, sollte man also zunächst mögliche Antworten antizipieren. Grundsätzlich sollte man Personen, mit denen man nicht sehr sehr eng befreundet ist, niemals fragen:
- ob sie schwanger sind
- ob sie zugenommen haben
(würde ich auch meine beste Freundin nicht fragen)
- ob sie homosexuell sind
- ob sie Kinder haben möchten
- ob sie sich die Haare gefärbt haben
- ob sie eine Schönheits-OP hinter sich haben
- wie alt sie sind
- ob sie mehr Kalorien beim Sex oder beim Joggen verbrauchen

So etwas fragt doch keiner, werden Sie sagen. Aus Erfahrung kann ich sagen: Leider doch.

Fettnäpfchen Nr. 2: Pseudofragen

Ein beliebtes Fettnäpfchen sind auch Suggestivfragen, mit denen man anderen Menschen unaufgefordert Ratschläge geben will. Wenn Sie sehen, wie ein Eltern ihr vierjähriges Kind permanent mit einem Nuggi herumlaufen lassen, so dass das Kind immer mit dem Ding zwischen den Zähnen spricht, dann lächeln Sie milde und sagen sich innerlich: „Ist nicht mein Problem“. Widerstehen Sie der Versuchung, das Paar zu fragen: „Wissen Sie eigentlich, dass so ein Nuggi bei älteren Kindern ganz schlecht für die Zähne ist?“

Tabu sind also Ratschläge wie diese:
- Haben Sie es auch schon mal mit einer Diät versucht?
Also ich mache ja ….
- Meinen Sie nicht, ein bisschen Sport wäre das Richtige für Sie?
- Haben Sie schon von dieser neuen Anti-Aging-Creme gehört?
- Wollen Sie nicht auch ein bisschen anpassen und Schweizerdeutsch lernen? (Frage an einen Deutschen, der Schweizerdeutsch versteht, aber nicht spricht)
- Willst du nicht dein Pensum ein bisschen reduzieren? (Frage an die berufstätige Mutter eines einzelnen Kindes)

Suggestivfragen bzw. Scheinfragen werden auch gerne dazu benutzt, sich selbst aufzuplustern. Diese Fragen beginnen mit: „Wussten Sie eigentlich, dass …“ – und dann kommt ein langer Redeschwall. So etwas kann unendlich nerven. Ehrliche Antwort: „Nein, das wusste ich nicht. Hat mich auch noch nie interessiert.“

Fettnäpfchen Nr.3: peinliche Fragen

Wir leben in einer globalisierten Welt und da trifft man permanent auf Menschen aus anderen Kulturen. Auch bei solchen Gesprächen sollte man sich überlegen, welche Art der Konversation wohl unverfänglich ist. Als ich neulich in einem Kurs erwähnte, man solle bitte nicht Chinesen danach fragen, ob sie Hunde essen, erwiderte eine junge Frau mit chinesischen Wurzeln, diese Frage sei ihr tatsächlich schon des Öfteren gestellt worden – in der Schweiz. Aber hallo! Wie würden wir es finden, wenn man uns fragt, ob wir jodeln? Oder einen Deutschen, ob seine Vorfahren Nazis waren. Oder einen Spanier, ob er Flamenco tanzen kann?

Menschen, von denen man annimmt, dass sie gläubig sind, sollte man nicht auf die Gretchenfrage „Wie hältst du es mit der Religion?“ ansprechen. Oder einen Muslim darauf, ob er nicht mal eine feine Sankt Galler Bratwurst probieren will.

Tolle Beispiele für peinliche Fragen liefert immer wieder Prinz Philip, der Gemahl der Queen. So hat er bei einem Besuch in Australien eine Gruppe von Aborigines gefragt: „Werfen Sie immer noch Speere aufeinander?“ Die Reaktion eines Mannes aus der Gruppe war überaus souverän. Er sagte schlichtweg: „Nein, das machen wir nicht mehr.“

Und das ist auch mein Tipp zum Thema Fragen und Fettnäpfchen: Bleiben Sie locker und nehmen Sie das Ganze mit Humor. Egal, ob Sie selbst ins Fettnäpfchen getappt sind oder jemand anderes Sie gerade mit einem solchen konfrontiert, indem er Sie z.B. mit falschem Namen anspricht. Die Kunst besteht darin, auch bei dummen Fragen sachlich und höflich zu bleiben. Und bei provokativen Fragen die Contenance zu bewahren. Wie etwa Bundespräsident Wulff es versuchte, als Journalistin Schausten ihn fragte, ob er ein Präsident auf Bewährung bleibe. Aber so etwas fragt uns ja keiner.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein fraglos glückliches 2012

Ihre

Gunhild Hinkelmann




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