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Auch wenn andere sich schlecht benehmen: Mit Contenance und stilvollem Auftreten fallen Sie umso mehr auf. Und tragen aktiv dazu bei, dass die Welt ein bisschen besser wird. Hierzu jeden Monat praktische Tipps von Anrede bis Zuhören. Im Oktober C wie Contenance, eine Haltung, mit der sich emotionsgeladene Situationen souverän lösen lassen.

Contenance – ein altmodisches Wort, das ein bisschen aus der Mode gekommen ist. Contenance zu wahren, kann in vielen Situationen weitaus souveräner wirken, als den Gefühlen und der eigenen Befindlichkeit freien Lauf zu lassen. Contenance bedeutet Zurückhaltung, Selbstbeherrschung. Zurück-Haltung kann zum Beispiel eine geeignete Haltung sein, wenn es darum geht, den Aufwand an eigenen Gefühlen in Grenzen zu halten und die Gefühle anderer nicht zu verletzen. Wir kommen tagtäglich in Situationen, wo wir uns über unflätige Zeitgenossen oder unfähiges Personal aufregen bzw. aufregen möchten. Statt aus der Haut zu fahren wie früher das HB-Männchen, sollte man sich lieber die Frage stellen: „Ist mir die Situation oder das Gegenüber so wichtig, dass sich dieser Aufwand an Gefühlen und Energie lohnt? Und will ich die etwaigen negativen Konsequenzen in Kauf nehmen?“ Generell ist es sinnvoll, „Störenfrieden“ nicht so viel Beachtung zu schenken. Grundregel: „Wer uns ärgert, beherrscht uns.“ Natürlich ist dies leichter gesagt als getan. Wie zum Beispiel neulich im Fitnessstudio.

Eine übergewichtige jüngere Frau mit verschwitztem Baumwollschlabbershirt und ungepflegten, fettigen Haaren verbreitet im Radius von gefühlten 20 Metern einen beissenden Schweissgeruch, der mir die Luft zum Atmen raubt. Das Training beginnt mir im wahrsten Sinne des Wortes zu stinken. Die Frau ist überall und grinst mich fett an. Ich überlege mir, ihr zu sagen: „Probier’s doch mal mit Seife und Deo.“ Denn eigentlich täte man ihr doch einen Gefallen mit dieser lebensbereichernden Aufklärungslektion in Sachen olfaktorische Ausstrahlung und Körperhygiene. Vielleicht ist sie wegen ihrer Ausdünstung furchtbar einsam. Aber natürlich könnte ich es so nicht formulieren, sondern müsste daraus eine politisch korrekte Ich-Aussage auf dem Selbstoffenbarungsohr machen, meine Wahrnehmung und Gefühle beschreiben und meine Wünsche für ein zukünftiges friedliches Nebeneinander in der Zukunft aufzeigen. „Entschuldige bitte, darf ich dir ein persönliches Feedback geben? Mir ist aufgefallen, dass in deinem Umkreis ein gewisser Schweissgeruch wahrnehmbar ist. Da ich sehr geruchsempfindlich bin, kann ich mich dem nur schwer entziehen. Wäre es möglich, dass du vor dem Training ein Deo verwendest und eines dieser praktischen schnelltrocknenden Funktionsshirts trägst?“ Das zu formulieren, wäre jedoch ein erheblicher Aufwand. Und vermutlich würde sie in jedem Fall nachher denken oder sagen: „Ey, du eingebildete Tusse, was geht dich das an? Wenn’s dir stinkt, dann richte dir doch zuhause ein privates Fitnessstudio ein.“ Oder mir eine ticken oder mein Auto zerkratzen. Ist dies die Sache wert? Nein, ich entscheide mich für Contenance, beende mein Training und gehe draussen an der frischen Luft joggen.

Zweites Beispiel. Mein Beruf ist Kommunikation, was eine gewisse Hypersensibilität im kommunikativen Bereich mit sich bringt. Als wir neulich bei Bekannten eingeladen waren, schaffte es dieser Bekannte tatsächlich, zwei Stunden lang nur über sich zu reden, kurz unterbrochen von Einwürfen seiner Frau zum Thema perfekte Haushaltsführung und Sparen. Schon bei einer vorausgegangenen Begegnung hatten mein Mann und ich das Gefühl, uns schon lange nicht mehr bei der Konversation so elend gelangweilt zu haben. Damals hatte uns das Paar in epischer Breite erklärt, wie toll ihre neue Kücheneinrichtung sei.
Nach dieser wiederholten Erfahrung einseitiger Kommunikation habe ich mir überlegt, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, statt mich artig für die nette Einladung zu bedanken. Das wäre wiederum mit einem hohen, auch emotionalen, Aufwand verbunden gewesen und hätte vermutlich in der Beendigung der Beziehung gemündet. Was ehrlicher Weise tatsächlich das ist, was ich möchte, denn es gibt so viele interessante und inspirierende Menschen in unserem Freundeskreis. Und im fortgeschrittenen Alter hat man einfach nicht mehr so viel Zeit, um selbige mit Mittelmässigkeit und Langeweile zu vergeuden. Doch statt verletzende Ehrlichkeit ist auch hier Contenance die bessere Option. Wir werden diese Beziehung im Sande verlaufen lassen und keine Gegeneinladung mehr aussprechen.

Trotzdem möchte ich hier jedoch keineswegs dafür plädieren, sich immer zurückzuhalten und seine Meinung nicht zu sagen. Es gibt zahlreiche Situationen, wo man mit dem ehrlichen Kommunizieren der persönlichen Wahrnehmung eine Win-Win-Situation erzielt. Als Gast und Kunde bzw. generell als Empfänger/in von Dienstleistungen sollte man sagen, wie man eine Situation erlebt hat. Dies ist eine willkommene Chance für den Dienstleister, seinen Service zu optimieren und die Bedürfnisse der Kundin/des Kunden zu erfüllen. Wenn ich z.B. im Restaurant an einem Tisch sitze, an dem ich mich extrem unwohl fühle, weil der nächste Tisch nur 30 cm entfernt ist und ich zwangsweise jedes Wort am Nachbartisch mithören muss, dann sage ich dies dem Personal in freundlichem Ton und als Ich-Botschaft. Denn wenn ich schon viel Geld dafür bezahle, auswärts zu essen, dann möchte ich dies auch geniessen.

Contenance – das Wort erinnert auch an das englische Wort „content“, also zufrieden. Mit dem richtigen Mass an Contenance erreicht man seine persönliche Zufriedenheitsbalance. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen zufriedenen Oktober!

P.S.: Für diejenigen, die des Schweizerdeutschen nicht mächtig sind: "zufrieden" (sprich "z'fride") bedeutet auch so viel wie harmonisch, ausgeglichen.

Tipp: C wie CH-Ferien! Die Schweiz ist einfach überwältigend schön. Das Foto habe ich in einer paradiesischen Ferienwoche Anfang Oktober an einem Moorsee namens Lai Nair oberhalb von Tarasp im Unterengadin aufgenommen. Bevor ich vorschnell reagiere, stelle ich mir jetzt den Lai Nair vor und re-flektiere, so wie der See.





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