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    Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
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Februar - Im Faschingsmonat haut man über die Stränge und überschreitet Grenzen, auch sprachlich und manchmal auch die des guten Geschmacks. In Schnitzelbänken muss man nicht auf politische Korrektheit achten, das macht den Reiz der Verse aus. Doch das, was einem zu Wahlkampf- und Abstimmungszeiten an Plakaten, Inseraten und Kampagnen präsentiert wird, kommt oft so geschmacklos daher, dass einem das Lachen vergeht.

Sprache, Bilder, Emotionen

Wörter haben den grossen Vorteil, dass sie Bilder und Emotionen auslösen. Wenn ich das Wort "Winterferien" höre, dann tauchen Bilder von Bergen und Schnee auf, das schöne Gefühl, sich an der Sonne zu bewegen. Nicht immer sind wir uns aber bewusst, dass Worte für den einen etwas Positives bedeuten, für den anderen etwas Negatives. Worte können scharf wie ein Messer sein und andere verletzen. Dies wurde mir einmal mehr ausgerechnet in den Ferien bewusst.

Beim Langlaufen im idyllischen Obergoms kam ich an einer Langlaufschule vorbei, wo Kinder auf spielerische Art an den Sport herangeführt wurden. Eine Gruppe von kleineren Kindern hatte sich mit der Trainerin auf Skiern aufgestellt, ein anderes Mädchen stand in einiger Entfernung und rief: "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?" "Niemand", antworteten die Kinder im Chor. "Und wenn er kommt?", erwiderte das Mädchen. "Dann laufen wir!", schallte es aus der Gruppe, die sich nun in Gang setzte, während das Mädchen versuchte, einzelne Kinder aus der Gruppe festzuhalten. Natürlich kennen wir dieses Spiel alle aus Kindertagen, doch eigentlich war ich davon ausgegangen, dass man es aus Gründen der politischen Korrektheit nicht mehr spielt, genauso wenig wie man den Kanon mit dem C-A-F-F-E-E singt ("Nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven macht dich blass und krank. Sei doch kein Muselman, der das nicht lassen kann.") Nun könnte man einwenden, dass im fernen Oberwallis wohl kein "schwarzer Mann" vorbeikommen wird, der sich dadurch in seinen Gefühlen verletzt fühlen könnte. Doch sollte man sich bewusst machen, dass wir in einer globalisierten Welt leben. Tatsächlich war es nämlich so, dass ich nach einer Viertelstunde eine Gruppe von Franzosen kreuzte, unter ihnen zwei Schwarzafrikaner. Wie mögen die sich fühlen, wenn sie mitansehen müssen, wie kleinen Kindern in einem unbedachten Spiel suggeriert wird, dass von ihnen Gefahr ausgeht?

Weitaus mehr zu denken gibt jedoch die Tatsache, dass das Motiv Angst auch erfolgreich eingesetzt wird, um in erwachsenen Menschen negative Gefühle gegenüber Angehörigen bestimmter Gruppen zu erzeugen. Da werden Rumänen und Bulgaren pauschal als "schwarze Raben" abgestempelt, Deutsche werden von Medien als Sozialabzocker stigmatisiert, die nur in die Schweiz kommen, um hier lukrativ arbeitslos zu werden oder Schweizern den Job wegzunehmen. Im Aargau artet der Kampf um einen Regierungsratssitz in einer geschmacklosen Kampagne gegen den bisherigen Amtsinhaber aus, bei der in Inseraten weinende Kinder abgebildet werden, die hilflos den Reformen dieses ach so bösen Menschen ausgeliefert sind. Wenn es den Initianten der Kampagne "Keiner wählt Rainer" wirklich um das Wohl von Kindern geht, warum missbrauchen sie dann Kinder für ihre Inserate? Warum sind sie einfach gegen einen Kandidaten statt für einen? Mit solchen billigen Blockadestrategien werden wir die Probleme nicht meistern.

Wer mit Sprache Angstmacherei betreibt, um negative Bilder zu erzeugen und bestimmte Gruppen zu stigmatisieren, sagt damit vor allem etwas über sich selbst und sein Menschenbild aus - und nicht über andere. Mit solchen Methoden kann man aufgeklärte Menschen nicht überzeugen.

Stil zu haben, bedeutet fair miteinander umzugehen und andere Menschen und deren Wertsysteme zu respektieren. Die Sprache und die Kommunikation dienen uns dazu, unsere Vorstellungen von Wirklichkeit auszutauschen. Natürlich resultiert daraus auch die Debatte darüber, denn man möchte seine Vorstellungen verteidigen. Doch diese Auseinandersetzung über unsere Werte und Meinungen in der Politik ist bereichernd. Unterschiedliche Perspektiven, engagierte Argumentation und konstruktives Streiten tragen dazu bei, gute Lösungen zu finden. Wer jedoch immer davon ausgeht, dass der andere grundsätzlich Unrecht hat und nur seine eigenen Ansichten gelten lässt, kann kaum fair argumentieren. Und wer Sprache als Propagandainstrument benutzt, um andere Menschen zu verunsichern und ihnen - wie Kindern - Angst zu machen, ist unfair und hat wohl selbst die Angst vorm "schwarzen Mann" aus Kindertagen noch nicht überwunden.

Fazit:
1) Es ist wichtig, dass wir sorgsam mit der Sprache umgehen und sie nicht dazu benutzen, andere zu verletzen. Zudem kommt ein bewusster oder unbewusster Angriff immer irgendwann als Retourkutsche zurück.
2) Wer sich selbst und seiner Sache sicher ist, kann entspannt akzeptieren, dass andere etwas anders sehen oder anders wahrnehmen. Deshalb kann man sich trotzdem leidenschaftlich für seine Anliegen einsetzen.
3) Und der Skischule Obergoms sei empfohlen, ihre Spielszenarien etwas upzudaten .....



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