Sitemap  
    Blick nach vorn im Zorn
Willkommen
Archiv / Tipps
Porträt
Rhetorik
Gewinnende Kommunikation
Moderne Umgangsformen
Coaching
Kontakt

 
 
Die Zeichen für 2017 stehen auf Sturm. Machtgierige Autokraten bedrohen die Demokratie, Fake-News und dubiose Algorithmen setzen unser bisheriges Verständnis von Wahrheit und Wirklichkeit ausser Kraft. Oder überkommt Sie etwa heitere Gelassenheit, wenn Sie an 2017 denken?

Meine heitere Gelassenheit jedenfalls ist erschüttert. In den USA wird jemand zum Präsidenten gewählt, der sich die Realität so zurechtbiegt, wie es ihm gerade passt - oder seiner Wählerschaft gefällt. Statt staatsmännisches Auftreten, Analyse und Besonnenheit nun unkontrolliertes Umsichschlagen, irrationale Behauptungen, Bedrohen von Kritikern und das ständige Raushauen von Emotionen via Twitter. Alles verkürzt auf 140 Zeichen und in einer fast kindischen Sprache, damit es ja nicht zu anspruchsvoll ist. Das Volk mag keine elitären Auslassungen. Das Volk mag auch keine verkopften Frauen mit hervorragendem Leistungsausweis. Das wirkt unsympathisch. Gefühle statt Fakten. Mediale Inszenierung statt schnöde Wirklichkeit. Hauptsache, es gefällt!!! Was geliked wird, wird zur Wahrheit. Denn was so viele andere in der Echokammer auch gut finden, muss ja schliesslich richtig sein. Selbst so etwas Hanebüchendes wie die "Nachricht", Hillary Clinton betreibe einen Kinderpornoring in einer Pizzeria wurde 400.000 Mal geteilt. Und wer hat's erfunden? Who cares?!

Und endlich kann man mal sagen, was man denkt, ohne dass immer wegen dieser albernen politischen Korrektheit alles unter den Teppich gekehrt oder schöngeredet wird. Endlich kann man mal seine Wut rauslassen und auf alles mit dem Finger zeigen, was in der eigenen kleinen Welt stört. Gehört nicht hier hin, also weg damit.

Woher kommt diese Wut der Wutbürgerinnen und Wutbürger? Ist es die Unzufriedenheit mit dem eigenen Dasein? Und statt selbst Verantwortung zu übernehmen, werden andere dafür verantwortlich gemacht. Endlich kann man selbst mal draufhauen, statt der Loser zu sein. Auf (a)sozialen Plattformen im Netz kann jeder seinen Senf dazugeben. Früher musste man sich dazu ins Wirtshaus an den Stammtisch begeben, heute geht es bequem vom Sofa aus. Oder man plappert die Parolen von Pegida und AfD nach und zelebriert das angenehme Gefühl von Gemeinschaft bei einer Demo: "Lügenpresse! Wir sind das Volk!" Das alles, ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, woher diese Wörter stammen.

Mir graut vor dieser Art der Kommunikation und vor dieser Art der Diktatur des Prekariats. Denn sie ist nur destruktiv, sie bietet keine Lösungen. Genau wie Trump keine Lösungen bietet. Oder glauben die Opfer von Kapitalismus und Globalisierung ernsthaft, dass ausgerechnet ein skrupelloser Multimillionär und Egomane dafür kämpfen wird, ihre Existenz zu verbessern, nur weil er was von "Jobs, jobs, jobs" faselt?

Woher kommt der Hass von Menschen, die (an) etwas glauben, auf die vielen anderen Menschen, die das nicht tun? Wenn man sich seiner Sache sicher ist, kann man getrost und gelassen damit umgehen, dass andere anderer Meinung sind und muss diese nicht als "Ungläubige" diffamieren. Jeder Mensch hat sein eigenes Wertesystem und glaubt an etwas, aber das muss nicht etwas mit einem Gott zu tun haben. Ethik und Moral brauchen keine religiöse Basis. So haben z.B. Studien ergeben, dass Kinder aus nichtgläubigen Familien altruistischer handeln und toleranter sind als Kinder aus christlichen und muslimischen Familien.

Was aber ist das Fazit aus alldem? Kann man selbst noch fair kommunizieren in Zeiten, wo der Lauteste, Schrillste und Intoleranteste am meisten Aufmerksamkeit bekommt? Mindestens sollte man ihnen das Feld nicht kampflos überlassen, sondern dagegenhalten. Mit Argumenten und mit Fakten. Auch mit unbequemen. Und wenn man eines aus der ganzen Diskussion um politische Korrektheit mitnehmen kann, dann das: Es ist besser, konsequent zu sagen, was man denkt.

Es gibt also kommunikativ viel zu tun im Jahr 2017. Packen wir's an. Und lassen wir auch mal unsere Wut raus, wenn es Anlass dazu gibt. Wenn unsere demokratischen Grundwerte mit Füssen getreten werden, wenn Frauen die Gleichstellung in der Gesellschaft verwehrt wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein kämpferisch-konstruktives 2017

Ihre Gunhild Hinkelmann





Zurück